Mittwoch, 14. Januar 2009

Play The Greatest TV Show That Never Was

Primetime Adventures


aus dem Klappentext:

"With Primetime Adventures, you take on the roles of producer, director, writer and actor, creating a story based on the television series you always wanted to see.

When you play, you create episodes of the show, engaging the starring chraacters in situatioins and conflicts that put their personal stories up front.

Everything in play - from setting to sets to supporting characters - exists because the group made it together, so everything in play has value from the start."


Primetime Adventures (PtA) ist ein Rollenspiel von Matt Wilson und zählt zu den Indie-Rollenspielen, deren Ursprung (grob gesagt) auf ein amerikanisches Rollenspielforum (The Forge) zurückzuführen ist. Kurz: In diesem Forum wurde versucht, die Spaßquellen, die das Hobby ausmachen, in theoretische Modelle zu fassen. Diese sollten den Spielern Hilfestellungen geben, anhand deren sie ihren Spaß maximieren können. Diese Bewegung hat sowohl willenlose Fanboys als auch fanatische Gegner hervorgebracht. Aber darum soll's hier auch gar nicht gehen. Der Punkt ist: Primetime Adventures unterstützt eine bestimmte Spielweise und das verdammt gut! Im Internet wird diese Art von Rollenspielen "Thematisches Rollenspiel" genannt.
Zur Rollenspieltheorie, thematischem Rollenspiel und The Forge gibt es hier einen kurzen Überblick.

Warum gefällt mir Primetime Adventures so gut?

Ich mag Fernsehserien, besonders solche, bei denen zwischenmenschliche Konflikte im Vordergrund stehen, während die Action im Hintergrund eine nette Geräuschkulisse bildet. Nehmen wir das Pflichtbeispiel Buffy: Buffy und ihre Clique sind eine Gruppe von Heranwachsenden, die verunsichert sind, Probleme in der Gesellschaft haben, sich gegenseitig hintergehen, miteinander schlafen, sich lieben, sich hassen usw. Und dazu sind sie noch butt-kickende Dämonenjäger, die das stereotype Sunnydale vor den Mächten des Bösen beschützen. Also eine perfekte Mischung aus Hintergrund-bla und zwischenmenschlichen Konflikten. Dabei ist das Setting gerade spannend genug, um den Stein am Rollen zu halten. Es wird nicht langweilig, es gibt ein "Monster-of-the-week", das die Story irgendwie vorantreibt. Doch all das dient nur als Katalysator, um der Soapigkeit der Serie eine Bühne zu geben.

Ich mag PtA genau aus diesem Grund: Es bietet mit seinen Regeln und Mechaniken alles, um genau ein solches Erlebnis zu erfahren. Und das Tolle ist doch: Es sind deine eigenen Charaktere, deine eigene Welt, deine eigenen Konflikte, die du mit deinen Mitspieler erschaffen hast. Anstatt also nur passiv als Zuschauer nach Geschmack über die Qualität einer Fernsehserie zu entscheiden, hast du nun die Möglichkeit, deine eigene Serie zu erschaffen, wie du/ihr sie euch immer vorgestellt habt!!! Das ist doch was!

Ich habe lange überlegt, ob ich noch auf die wichtigsten Spielmechanismen eingehe und bin zu dem Schluss gekommen: das wäre a) zu umfangreich und b) haben andere das schon besser gemacht. Daher sei mir hier ein Verweis auf die Rezension im Tanelorn-Forum gewährt: Rezension Primetime Adventures

Das Spannendste an PtA ist, wie dynamisch sich die Protagonisten entwickeln. Durch das bewusste und forcierte Drängen auf dramatische Konflikte findet beinahe unweigerlich eine intensive Wandlung statt. Das erziele ich mit keinem anderen Rollenspiel. Zum Großteil liegt dies sicherlich auch an dem ständigen Austausch von Ideen, der in der Runde stets präsent sein muss. Nur wenn jeder an diesem gegenseitigen "Bälle-zuwerfen" teilnimmt, entsteht eine interessante Folge, die für jeden befriedigend ist.

Wie häufig mich meine eigenen Reaktionen im Spiel überrascht haben! Man mag es kaum glauben. Aber durch die Extremsituationen, in die man sich gegenseitig ständig manövriert, lockt man aus jedem Spieler Dinge hervor, die ich mir sonst im Rollenspiel so nicht vorstellen könnte. Die Entscheidungen und Reaktionen kommen vom Spieler selbst und werden durch den Protagonisten projiziert. Und nicht andersherum: Der Spieler ist nicht Sklave seines Charakters, den er spielt! ER entscheidet, wie ER es denkt. Man bekommt mit der Zeit ein Gefühl dafür, wie man seine Mitspieler in Dilemmata bringen kann, aber es benötigt etwas Erfahrung (wie ja sonst auch überall).

Don't try to make me feel like I live there, make me care about it.

Der Fokus in PtA, wie ich es sehe, liegt auf genau dieser Sache: Persönliche Konflikte, dramatische Entscheidungen und resultierende Konsequenzen. Das leisten die Regeln und deshalb mag ich dieses Spiel so sehr. Einige der besten Erinnerungen an das Hobby (und sicherlich die bewegendsten) verdanke ich Primetime Adventures.

Bleibt zum Schluss noch zu sagen, dass dies EINE Auslegung des Regelwerks ist und ich weiß, dass andere den Fokus etwas anders legen und ebenso viel Spaß haben. Außerdem sehe ich PtA als klares Nischenspiel (wenn auch ein außergewöhnlich gutes). Aber ich spiele ebenso gerne andere Rollenspiele. Abwechslung ist gut und PtA sehr spezialisiert. Insofern bin ich froh, dass es in unserem Hobby eine Vielzahl an Alternativen gibt!

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